Bürgerbusverein stellt sich neu auf (WR 14-07-2022)
Westfälische Rundschau – Ina Carolin Pfau
„In den ersten Jahren wurde der Bürgerbus sehr intensiv in Anspruch genommen“, erzählt Karl-Wilhelm „Charly“ Nowak vom Bürgerbusverein. „Viele Senioren, die vor zehn bis fünfzehn Jahren mitgefahren sind, sind jetzt verstorben oder nicht mehr in der Lage mitzufahren.“ Das Interesse an den Bürgerbus-Fahrten geht zurück – doch statt die Köpfe in den Sand zu stecken, erfindet sich der „Bürgerbus Netphen e. V.“ neu. Das Konzept erläuterte Charly Nowak bei der Bürgerversammlung in Netphen.
Das neue Konzept: „Wir wollen Strecken vermeiden, die die VWS sowieso anfährt“, erklärt der Bürgerbusfahrer. „Und wir wollen Gebiete aussuchen, die bisher kaum angebunden wurden.“ Die Siedlung oberhalb des Netphener Hallenbads würde zum Beispiel nicht ausreichend von der VWS versorgt. Im Wohngebiet rund um das Gymnasium Netphen (Haardtstraße) sei die Strecke für Anwohnerinnen und Anwohner bis zur nächsten Bushaltestelle oft zu lang. Charly Nowak schwebt auch eine Siedlung in Eckmannshausen vor. „Wir suchen neue Gebiete“, sagt er. Wer einen Bereich kenne, der verkehrstechnisch in Netphen nicht gut oder überhaupt nicht angebunden sei, könne sich beim Bürgerbusverein Netphen melden.
Bisher sind die Fahrerinnen und Fahrer des Bürgerbusvereins auch feste Linien abgefahren. „Wir haben die Bürgerinnen und Bürger abgeholt und ins Einkaufszentrum gebracht und nach ein, zwei oder drei Stunden wieder nach Hause gebracht“, sagt Charly Nowak. Das passiert nun natürlich auch noch – aber es gibt bald noch eine zusätzliche Möglichkeit: „Die Bürgerinnen und Bürger können uns anrufen – so vermeiden wir unnötige Leerfahrten“, betont Charly Nowak. Das Fahrten nach Bedarf soll ab dem 1. August beginnen, das habe die Bezirksregierung Arnsberg genehmigt. „Das muss alles beantragt werden“, erläutert Charly Nowak. Auch einen festen Fahrplan soll es weiterhin geben – derzeit wird er vom Bürgerbusverein noch überarbeitet. „Wenn wir dann aber angerufen werden, können wir direkt zu dem Punkt fahren“, betont Charly Nowak.
Es gehe darum, die Mobilitätsverbindung für alle Altersgruppen weiter aufrecht zu erhalten. Dazu müsse man eben auch flexibel und kostengünstig fahren, sinnlose Kilometer vermeiden. Eine weitere Idee ist eine Bürgerbus-Linie zur Netphener Tafel. Die Bedürftigen, die die Versorgungsstelle aufsuchen, haben meist kein Auto. „So können auch Leute dorthinkommen, die fünf oder sechs Kilometer weiter weg wohnen“, sagt Charly Nowak.
All diese Elemente des neuen Konzepts greifen nicht sofort, sondern werden in der kommenden Zeit ausgearbeitet, beantragt und dann umgesetzt, betont der Bürgerbusfahrer. „Das sind Versuche, wir müssen umdenken und kreativ werden“, sagt Charly Nowak.
Die Fahrerinnen und Fahrer: Bereits seit 15 Jahren ermöglichen die Bürgerbus-Fahrerinnen und -Fahrer Bürgerinnen und Bürger Touren in die Innenstadt zum Einkaufen, zu Arztbesuchen und Treffen mit Freunden und Bekannten. Sie sind ehrenamtlich unterwegs und fahren damit unentgeltlich. Mit den Jahren ist die Zahl der aktiven Fahrerinnen und Fahrer zurückgegangen. „Gelegentlich fallen einzelne Fahrten aus, weil uns Aktive fehlen“ so Michael Lehmann, zweiter Vorsitzender, der selbst auch fast jede Woche mit dem Bürgerbus durch Netphen unterwegs ist. „Wir sind alle in die Jahre gekommen, ein paar fahren schon seit 15 Jahren den Bürgerbus, aber der Bürgerbus Netphen soll auch noch viele weitere Jahre durch Netphen fahren“, ergänzt Pius Schulz, der schon seit sechs Jahren dabei ist.„Wer also Interesse hat, bei uns ein- oder zweimal im Monat mit dem Bus durch Netphen zu fahren, braucht einen Pkw-Führerschein und kann mich anrufen, 02738/1398 oder beim nächsten Aktiven-Fahrertreff am 21. Juli um 17.30 Uhr im Gasthof Weber in Eschenbach vorbeischauen, wir würden uns über Gäste freuen“, betont Michael Lehmann.
Charly Nowak ist seit 2014 Bürgerbusfahrer. Er schätzt das Plaudern mit den Fahrgästen. „Ohne uns kämen manche Menschen gar nicht klar“, sagt er. Für sie sind die Bürgerbusfahrten Gold wert. „Wir verstehen uns als Helfer für die, die uns brauchen.“ Jeder Fahrer oder jede Fahrerin könne ganz persönliche Geschichten erzählen. „Mir hat einmal ein Mensch mit wenig Geld ein Fleischwurst-Brot und Kaffe spendiert, dabei wäre das gar nicht nötig gewesen“, erzählt Charly Nowak. Bürgerbusfahren sei mehr als nur Fahren – „mit den meisten duzen wir uns“. Manche Fahrgäste würden auch einfach mitfahren, weil sie den Bürgerbusfahrerinnen und -fahrern eine Anekdote erzählen wollen.